Arbeiten als Kunsttherapeut

Die Schönen Künste als Medizin

Kunsttherapeutinnen und Kunsttherapeuten behandeln ihre PatientInnen auf besondere Weise. So gehören Malen, Basteln und Schauspielern zu ihrem therapeutischen Repertoire – ein spannendes Berufsbild, das sich besonders für soziale und künstlerisch begabte Menschen eignet. Alles zur Arbeit in der Kunsttherapie erklärt dieser Beitrag.

Kunsttherapie: Junge Disziplin mit langer Geschichte

Kunsttherapeutinnen und Kunsttherapeuten arbeiten in erster Linie mit Menschen zusammen, die eine psychische Einschränkung mitbringen. Sie können aber auch bei körperlichen Behinderungen (z. B. Motorikschulung bei Parkinson) helfen. Die moderne Kunsttherapie hat sich in Europa und den USA Mitte des 20. Jahrhunderts in seiner heutigen Form entwickelt. Damit gilt sie als besonders junge Disziplin. Sie bedient sich verschiedener Elemente der bildenden Kunsterziehung und psychotherapeutischer Ansätze. Damit bündeln sich in ihr jahrhundertelange Geschichte aus Medizin und Pädagogik. Ziel ist es, die körperliche und geistige Gesundheit von Menschen zu erhalten, wiederherzustellen bzw. zu verbessern.

Es gibt verschiedene Wege, um in diesem spannenden Tätigkeitsbereich arbeiten zu können. Die Bezeichnung ist gesetzlich nicht geschützt. Daher findet sich unter den Kunsttherapeuten pädagogisches, ärztliches, heilpraktisches und therapeutisches Personal mit den unterschiedlichsten Hintergründen. Der Einsatz kunsttherapeutischer Verfahren erstreckt sich von der Behandlung nach traumatischen Erlebnissen bis zur Auseinandersetzung mit körperlichen Gebrechen. Daher sind nicht nur fachliche, sondern auch soziale Kompetenzen von überragender Bedeutung in diesem Fachgebiet. Wer Kunsttherapeutin oder Kunsttherapeut werden möchte, sollte Interesse an Menschen, medizinischen Sachverhalten und natürlich bildender Kunst mitbringen.

Wo sind Fachkräfte der Kunsttherapie tätig?

Kunsttherapie wird in klinischen und (teil-)stationären Settings angeboten. Dort übernehmen die Krankenkassen entsprechende Leistungen. Die Kunsttherapie gehört zu den sogenannten IGeL-Leistungen (Individuelle Gesundheitsleistungen). Sie werden üblicherweise von ärztlichem oder therapeutischem Personal empfohlen oder erbracht. Kunsttherapie lässt sich in der Regel nicht als Heilmittel mit den Krankenkassen abrechnen (Ausnahme: Kliniken/Krankenhäuser). Allerdings gibt es Zusatzversicherungen, die entsprechende Therapien bezahlen. Dadurch ist man als selbstständige Kunsttherapeutin bzw. Kunsttherapeut oft auf SelbstzahlerInnen angewiesen oder kümmert sich in erster Linie um PrivatpatientInnen. In Abschnitt 19 (Psychotherapie) der Heilpraktiker-Gebührenordnung sind die Vergütungsgrundlagen für die Kunsttherapie geregelt.

Die Kunsttherapie wird in verschiedenen pädagogischen oder medizinischen Bereichen ergänzend eingesetzt. Demnach arbeitet man beispielsweise in psychosomatischen oder psychiatrischen Kliniken. Auch Rehabilitationseinrichtungen für Kinder oder behinderte Menschen kommen in Betracht. In Förderschulen werden Kinder und Jugendliche mithilfe gestaltungstherapeutischer Methoden in ihren Fähigkeiten bestärkt. Außerdem kann man auch im Bereich des Justizvollzugs tätig werden. Das mag zunächst unattraktiv klingen, gehört aber zur professionellen therapeutischen Arbeit dazu. Der Verein Kunst im Gefängnis e.V. fördert beispielsweise Kunstprojekte in sächsischen Gefängnissen. Das Verständnis moderner Kunsttherapie entwickelt sich stets weiter und fördert die wirksame Resozialisierung straffällig gewordener Menschen. Man leistet als Kunsttherapeutin oder Kunsttherapeut einen erheblichen Beitrag für Einzelne so wie die gesamte Gesellschaft.

Arbeitsumfeld und Bildung

In der Kunsttherapie arbeitet man vor den verschiedensten Hintergründen. Sie wird unter anderem bei folgenden Beschwerden eingesetzt:

  • Depressionen und Depressivität
  • Angst- und Essstörungen
  • seelische Unterstützung bei Krebs
  • Burnout und Überlastung
  • andere seelische oder chronische Erkrankungen

Je nach Diagnose werden unterschiedliche Methoden und Mittel eingesetzt. So gibt es gestalterische Ansätze, wobei Betroffene Objekte aus Ton oder Holz herstellen. Aber auch Schauspiel und Tanz sind wichtige Elemente der Kunsttherapie. Die Wirkweise ist noch nicht eindeutig geklärt, weshalb kunsttherapeutische Behandlungen nicht direkt zu den anerkannten Heilmitteln zählen.

Dennoch sind sich die meisten Fachexperten einig, dass die Kunsttherapie ihre PatientInnen bei der Bewältigung ihrer Beschwerden unterstützen kann. Man geht davon aus, dass es den meisten Menschen schwer fällt, ihre Belastungen in Worte zu fassen. Die künstlerische Betätigung soll ein Ventil darstellen, um einen Zugang zu den unbewussten Verarbeitungsprozessen zu finden. Kunsttherapeuten arbeiten also im Bereich der Gestaltungstherapie und müssen über fundierte tiefenpsychologische Kenntnisse verfügen.

Welche Fortbildungsmöglichkeiten gibt es als Kunsttherapeut?

Um als Kunsttherapeutin bzw. Kunsttherapeut erfolgreich arbeiten zu können, empfiehlt sich eine fundierte Grundqualifikation. Es wird empfohlen, eine ärztliche Approbation oder eine heilkundliche Zulassung (Heilpraktikergesetz) anzustreben. Mittlerweile gibt es aber auch viele Studiengänge, die Kunsttherapie in den Fokus rücken. In der Regel wird Kunsttherapie an Fachhochschulen unterrichtet. Alternativ kann man auch Kulturtherapie, Kunstpädagogik oder Theatertherapie studieren und sich durch entsprechende Kurse fortbilden. Man kann sich bis zum Master-Abschluss qualifizieren und in diesem Bereich auch promovieren, also den Doktortitel erlangen.

Es handelt sich demnach um eine ernstzunehmende Disziplin mit hohen Ansprüchen. Inhalte der Aus-, Fort- und Weiterbildung können unter anderem sein:

  • klinische und pädagogische Arbeitsfelder
  • Entwicklungspsychologie
  • Dokumentation und Evaluation
  • Anamnese-, Diagnose- und Therapieverfahren
  • Farben- und Formenlehre

Berufliche Aussichten in der Kunsttherapie

Wer als Kunsttherapeutin bzw. Kunsttherapeut arbeitet und eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst aufnimmt, verdient in der Regel zwischen 2.809 und 5.790 Euro im Monat (brutto, Stand: 2020). Hier richtet sich die Vergütung nach dem geltenden Tarifvertrag (TVÖD). Eine Festanstellung ist in diesem Bereich sehr begehrt. Viele Fachkräfte arbeiten selbstständig oder nebenberuflich. Nur in Akuteinrichtungen können kunsttherapeutische Leistungen direkt mit der Krankenkasse abgerechnet werden. Hier werden die Entgelte jährlich neu festgelegt.

In Krankenhäusern oder Kliniken sind sie in die jeweiligen Fachabteilungen integriert, zum Beispiel in die Schmerztherapie oder die psychosoziale Therapie. Dort sind sie bereits seit Jahrzehnten etabliert und nicht mehr wegzudenken, wenn es um die ganzheitliche Patientenversorgung geht. 

Der Deutsche Fachverband für Kunst- und Gestaltungstherapie setzt sich für die Belange seiner Mitglieder ein. Der Arbeitsmarkt ist für Fachkräfte wesentlich größer, als es zunächst scheint. Viele Sozialträger und Krankenhäuser sind auf der Suche nach geeignetem Personal. Der Bedarf steigt ständig, da auch die Zahl psychischer Erkrankungen in unserer Gesellschaft zunimmt. Die DAK konnte beispielsweise beobachten, dass sich die Zahl der Arbeitsunfähigkeiten durch psychische Krankheiten in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht hat.

Aber auch Krebserkrankungen werden häufiger. Darauf reagieren die medizinischen Einrichtungen. Die Uniklinik Bonn baut daher beispielsweise Kunst in die Therapie krebskranker Menschen ein. Die Methoden helfen Betroffenen, die Folgen ihrer Erkrankung besser verarbeiten zu können. Die Arbeit als Kunsttherapeutin oder Kunsttherapeut ist also kein Job wie jeder andere. 

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Stand August 2021