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Welttag der Patientensicherheit: Diagnosesicherheit im Fokus

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doctari Redaktion | 17.9.2024 | Lesedauer: 4 Minuten

Am Welttag der Patientensicherheit steht die Diagnosesicherheit im Fokus: Wie wirken sich Personalmangel und Arbeitsbelastung auf sichere Diagnosen aus?

Am 17. September wird jährlich der Welttag der Patientensicherheit begangen. Ein Tag, der dazu dient, das Bewusstsein für die Sicherheit von PatientInnen während der Behandlung weltweit zu schärfen. In diesem Jahr liegt der Fokus auf einem besonders wichtigen Thema: der Diagnosesicherheit. Welche Auswirkungen haben Personalmangel und Arbeitsbelastung auf die Diagnosesicherheit und wie können Lösungen aussehen, die diese Risiken minimieren können?

Was bedeutet Diagnosesicherheit?

Diagnosesicherheit bezieht sich auf die Genauigkeit und Verlässlichkeit von Diagnosen, die im Gesundheitswesen gestellt werden. Eine sichere Diagnose ist die Grundlage für eine effektive Behandlung und einen erfolgreichen Therapieverlauf. Fehler bei der Diagnosestellung können schwerwiegende Konsequenzen haben – von unnötigen Behandlungen über die Verschlimmerung von Erkrankungen bis hin zu vermeidbaren Todesfällen. Schätzungen zufolge treten in 5 bis 15 Prozent aller Diagnosen Fehler auf, die zu Verzögerungen oder falschen Behandlungen führen können.

Ursachen für Diagnosefehler

Die folgenden Faktoren begünstigen die Enststehung von Diagnosefehlern:

  1. 1.
    Menschliche Faktoren: Stress, Überarbeitung und Zeitdruck, denen viele ÄrztInnen und medizinische Fachkräfte ausgesetzt sind, können zu Fehlern führen. Auch voreingenommene Urteile und einseitige Annahmen spielen eine Rolle.
  2. 2.
    Systemische Faktoren: Mangelhafte Kommunikation zwischen verschiedenen Fachbereichen, unzureichender Informationsfluss und nicht optimal gestaltete Arbeitsprozesse begünstigen Diagnosefehler.
  3. 3.
    Technologische Faktoren: Fehlende oder nicht integrierte elektronische Systeme zur Patientenaktenverwaltung, die nicht auf dem neuesten Stand sind, können den Zugang zu wichtigen Informationen erschweren.
  4. 4.
    Bildgebende Verfahren und Laboruntersuchungen: Fehlinterpretationen von Bildgebungen und Laborergebnissen sind eine mögliche Fehlerquelle.
KI hilft bei der Diagnose

KI kann bei der Diagnosefindung unterstützen

Der Einfluss von Personalmangel auf die Diagnosesicherheit

Personalmangel im Gesundheitswesen ist ein wachsendes Problem. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fehlt es weltweit an etwa 5,9 Millionen Pflegekräften, und auch die Zahl der ÄrztInnen und anderen medizinischen Fachkräfte ist oft nicht ausreichend, um den Bedarf zu decken.

Das hat direkte Auswirkungen auf die Diagnosesicherheit. Personalmangel führt dazu, dass ÄrztInnen und Pflegekräfte weniger Zeit für Patientengespräche und gründliche Untersuchungen haben. Die Anamnese und die körperliche Untersuchung sind jedoch entscheidend für die Diagnosestellung. Steht dem Team weniger medizinisches Personal zur Verfügung, kommt es häufiger zu Arbeitsverdichtung, Überarbeitung und Erschöpfung. Studien zeigen, dass die Fehlerquote bei der Diagnosestellung signifikant ansteigt, wenn medizinisches Personal unter hohem Druck arbeitet oder ermüdet ist.

Weitere Faktoren, die Diagnosefehler begünstigen können, sind Multitasking und Ablenkung: Wenn ÄrztInnen und Pflegekräfte ständig zwischen verschiedenen Aufgaben wechseln müssen, kann die Fehlerquote ansteigen. Und wichtig ist auch nicht zuletzt die Kommunikation. In stressigen und arbeitsreichen Situationen bleibt oft keine Zeit für eine ausreichende Kommunikation zwischen dem medizinischen Personal. Missverständnisse und zu wenig Zeit für ausführliche Übergaben erhöhen das Risiko von Diagnosefehlern.

Strategien zur Verbesserung der Diagnosesicherheit

  1. 1.
    Förderung einer offenen Kommunikationskultur: Eine Kultur, in der Fehler offen angesprochen werden können, ohne Angst vor Sanktionen zu haben, ermöglicht es ÄrztInnen und Pflegenden, aus Fehlern zu lernen und Prozesse zu optimieren.
  2. 2.
    Fort- und Weiterbildung: Regelmäßige Schulungen zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Diagnosemethoden helfen, das Wissen und die diagnostischen Fähigkeiten der Fachkräfte auf dem neuesten Stand zu halten.
  3. 3.
    Nutzung moderner Technologien: Elektronische Gesundheitssysteme, die den Zugang zu Patienteninformationen verbessern, und Entscheidungsunterstützungssysteme, die auf künstlicher Intelligenz basieren, können helfen, die Diagnosesicherheit zu erhöhen.
  4. 4.
    Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachbereichen und Berufsgruppen fördert den Austausch von Informationen und minimiert das Risiko von Diagnosefehlern.
  5. 5.
    Zeit für PatientInnen: Eine sorgfältige Anamnese und die Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse und Symptome der PatientInnen sind entscheidend. ÄrztInnen und Pflegekräfte sollten genügend Zeit für die PatientInnen einplanen können, um alle relevanten Informationen zu sammeln und mögliche Fehldiagnosen zu vermeiden.
  6. 6.
    Ausreichend Personal: Wenn Dienstpläne ohnehin schon auf Kante genäht sind, bringt jeder ungeplante Ausfall direkt Mehrarbeit für das Team mit. Unterstützen können hier bessere Personalschlüssel – die die Politik beschließen müsste – und ein gutes Ausfallmanagement, beispielsweise indem bei Elternzeiten, Urlauben oder Erkrankungen im Stammteam auf Zeitarbeitsfirmen zurückgegriffen wird.

Gute Kommunikation und ausreichend Zeit fördern die Diagnosesicherheit

Die Rolle der PatientInnen in der Diagnosesicherheit

Auch PatientInnen spielen eine wichtige Rolle in der Sicherstellung einer korrekten Diagnose. Eine gute Kommunikation und ein offenes Vertrauensverhältnis zwischen ÄrztInnen und PatientInnen sind entscheidend. PatientInnen sollten ermutigt werden, Fragen zu stellen und ihre Symptome genau zu beschreiben. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, PatientInnen in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, indem sie umfassend über ihre Gesundheitszustände informiert werden.

Gemeinsame Herausforderung im Gesundheitssystem

Die Sicherstellung der Diagnosesicherheit in Zeiten von Personalmangel und hoher Arbeitsbelastung ist eine komplexe Herausforderung, die nur durch eine gemeinsame Anstrengung von medizinischem Personal, Arbeitgebern und politischen Entscheidungsträgern bewältigt werden kann. Durch die Implementierung innovativer Ansätze, die Nutzung neuer Technologien und die Förderung einer offenen Sicherheitskultur können die Risiken von Diagnosefehlern minimiert werden. Die kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Stärkung der Diagnosesicherheit sollten dabei stets im Mittelpunkt stehen.

Titelbild: canva.com/Ivan_Balvan

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