Ausstellung

Fotogeschichten aus den Pflegeberufen

Pflegebedarf für Jella
Juliane Beckmann | 7.7.2022 | Lesedauer: 5 Minuten

Die Ausstellung "Pflegende – 7 Fotogeschichten aus den Pflegeberufen" von Dörte Kröger rückt in den Fokus, was Pflegende antreibt, motiviert und manchmal auch vor Herausforderungen stellt.

Dörte Kröger erlebte in ihrem Beruf als Krankenschwester die Herausforderungen und Schwierigkeiten am eigenen Leib, unter denen der Berufsstand der Pflegenden leidet. Das war auch ein Grund, warum sie die Pflege nach einigen Jahren verließ, eine Ausbildung zur Grafikdesignerin absolvierte und dann als Mediengestalterin im medizinischen Bereich arbeitete. Inzwischen in ihren Beruf als Krankenschwester zurückgekehrt, setzte sie ihr Können als Fotografin und Grafikerin ein, um ein Zeichen für die Pflegenden zu setzen.

Für Ihre Ausstellung „Pflegende – 7 Fotogeschichten aus den Pflegeberufen“ begleitete Dörte Kröger sieben Pflegende – von Hebamme bis Hospiz-Pflegerin. Zu sehen ist die Ausstellung am 12. Juli 2022 zwischen 15 und 18 Uhr im Hospital zum Heiligen Geist, Festsaal Hinsbleek 11 in 22391 Hamburg.

Sie will in der Pflege was bewegen: Dörte Kröger

Erzählen Sie zuerst ein wenig von sich und stellen Sie sich einmal vor!
Vielen Dank für die Einladung zu diesem Interview! Mein Name ist Dörte Kröger, 62 Jahre. Zu Beginn der 80er-Jahre habe ich die Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, anschließend als Extrawache auf einer chirurgischen Intensivstation gearbeitet. Tagsüber machte ich ein Praktikum in einem Filmstudio, weil es Voraussetzung für ein Studium der Kamera-Assistenz war. Das hat mir nicht so gut gefallen und es gab einen Wechsel zur Ausbildung der Grafik-Designerin. Seit dem Abschluss habe ich fast ausschließlich in medizinischen Bereich gearbeitet.

Schon kurz vor 2020 orientierte ich mich wieder hin zum Beruf der Krankenschwester und war dann während der Pandemie im Impfzentrum tätig. Im Anschluss an das Impfen suchte ich eine Stelle in einem netten Team, das ich gefunden habe und in dem ich nun seit wenigen Monaten arbeite.

Frau Kröger, worum geht es bei Ihrem Projekt?
In diesem Projekt wurde in 7 Einrichtungen jeweils eine Pflegekraft im Kontakt mit einem Patienten/Gast/Bewohner/Klienten fotografisch begleitet. Dabei entstanden 7 großformatige Poster mit Fotografien, die nach bestimmten Kriterien aufgenommen wurden. Das Projekt beginnt mit den Bildern der Hebamme und endet mit denen der Pflegekraft aus dem Hospiz. Dazwischen gibt es Bilder u. a. von einer chirurgischen Station, einer ambulanten Intensivpflege, einem Seniorenheim.

Es war mir wichtig, die Protagonisten zu porträtieren – und dabei ließen beide eine große Nähe zu. Der Fokus sollte, bei einer geringen Tiefenschärfe, auf den Augen liegen. In der Mitte des Posters sind sie bei einer gemeinsamen Tätigkeit zu sehen. Hier wird deutlich, dass es immer einen Augenkontakt gibt.

Im unteren Bereich der Poster sind die Protagonisten jeweils alleine zu sehen. Es zeigt die Pflegekraft bei einer ihrer zahlreichen Beschäftigungen – eine Zeit, während der der Patient/Gast/Klient/Bewohner alleine ist. Abgerundet wird der Inhalt durch Interviews, die ich mit den Teilnehmern führte. Darin teilen die Pflegekräfte ihre Beweggründe zur Berufswahl mit und die Betreuten oder die Angehörigen berichten über ihre Erfahrungen.

Jella lächelt ihre Pflegerin an

Die Fotografin Dörte Kröger zeigt in ihrer Ausstellung, wie wichtig der Augenkontakt zwischen Pflegenden und Gepflegten ist

"Jeder Mensch kommt mindestens einmal in seinem Leben in Kontakt mit einer Pflegekraft und wünscht sich dann die bestmögliche Behandlung."

Warum haben Sie dieses Projekt ins Leben gerufen? Was war Ihre Motivation?
Jeder Mensch kommt mindestens einmal in seinem Leben in Kontakt mit einer Pflegekraft und wünscht sich dann die bestmögliche Behandlung. Dieser Wunsch wird sich irgendwann nicht mehr umsetzen lassen. In den letzten Jahren haben sich die Diskussionen um den Pflegenotstand vervielfacht und Statistiken zeigen ein immer dramatischeres Bild: Zur Zeit arbeiten in Deutschland ca. 1,4 Millionen Pflegekräfte, die für über 4 Millionen Patienten sorgen. Es wird von einer Lücke von ca. 120.000 Pflegekräften gesprochen.

In den nächsten Jahrzehnten wird sich die Situation insofern verschärfen, als man von über 4,5 Millionen Pflegebedürftigen ausgeht, allerdings geht die Zahl der Pflegekräfte (bedingt auch durch die geburtenstarken Jahrgänge) zurück. Es könnte zu einer Personallücke von 350.000 bis 500.000 kommen. Diese und ähnliche beängstigende Zahlen liest man immer wieder. Es waren meine eigene Befürchtungen und Erfahrungen, aber auch die von anderen, die mich veranlasst haben, das Projekt zu initiieren. Es ist meine Möglichkeit, auf das Thema hinzuweisen.

Was erhoffen Sie sich von der Ausstellung?
Wenn dieses Projekt einen Anstoß für Diskussionen gibt, hätte ich mein Ziel erreicht!

Mit wie vielen Fachkräften haben Sie gesprochen?
Mit 30. 25 Krankenschwestern, -pfleger, mit der Mutter eines schwerbehinderten Kindes, einer Arbeitspsychologin, einem Sozialpädagogen und einer Krankenschwester, die nach Schweden ausgewandert ist. Sie berichtet über ihre Motivation und die Unterschiede im Gesundheitssystem. Von Dr. Elisabeth Vatareck habe ich einen Artikel zum Thema Pflegenotstand erhalten.

"Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, bei dem ohne Schuldzuweisung nach Lösungen gesucht werden sollte."

Gab es etwas, das in Ihren Gesprächen immer wieder aufgetaucht ist? Was macht den Fachkräften am meisten zu schaffen?
Bei den Gesprächen mit den Nurses wurde in den meisten Fällen bemerkt, dass es zu wenig Personal gibt. Gefolgt von dem großen Bedauern, dass es ein schöner Beruf ist, aber einige nicht mehr darin arbeiten wollen oder können. Der Druck der Wirtschaftlichkeit wurde kritisiert, der einhergeht mit viel zu wenig Zeit für den Patienten. Dafür ist auch die enorme Dokumentation verantwortlich. Pflegefremde Arbeiten wurden angeführt und die geringe Wertschätzung („Kann man jetzt schon A...putzen studieren?“).

Was könnte aus Ihrer Sicht eine Lösung sein?
Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, bei dem ohne Schuldzuweisung nach Lösungen gesucht werden sollte. Das bedeutet in meinen Augen, dass sich alle Gedanken machen sollten: Politik, Einrichtungen, aber auch Pflegekräfte – und die Bürger über das Bild des Berufsstandes, das sie im Kopf haben. Über den Umfang der Dokumentation könnte man sich Gedanken machen ...

Medizinische Unterlagen in einem Regal

Dokumentation macht einen Großteil der Pflege-Arbeit aus – Zeit, die bei den PatientInnen dann fehlt

Auf welche Hindernisse und Herausforderungen sind Sie gestoßen?
Es ist ein sehr heikles Thema, deshalb wurde auf allen Ebenen vorsichtig agiert und formuliert. Durch die Pandemie waren wir zu einem besonderen Umgang gezwungen, das hat Vieles erschwert.

Was hat Sie am meisten beindruckt?
Die Intensität und Professionalität der Pflegekräfte. Dieses zutiefst Menschliche im Umgang hat mich sehr berührt. Man begegnete sich mit Respekt und auf Augenhöhe. Diesen Pflegekräften würde ich ohne zu zögern meine Familie überantworten.

Was würden Sie am System Pflege/Medizin verändern, wenn Sie freie Hand hätten?
Das, was Pflegepersonal und Ärzte zu sagen haben, sollte mehr Gewicht bekommen.

Wie geht es nach der ersten Vernissage weiter?
Einige teilnehmende Einrichtungen waren daran interessiert, die Ausstellung auch in ihren Häusern über einen längeren Zeitraum zu zeigen. Ich versuche, große Veranstaltungen mit medizinischem Hintergrund dazu zu bewegen, die Poster ebenfalls zu zeigen.

Frau Kröger, vielen Dank für das Gespräch!

Autor

Juliane Beckmann

Online-Redakteurin mit viel Erfahrung und seit 2019 Teil der doctari-Redaktion. Lernt gern dazu, mag Bindestriche und macht die Texte rund.

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