Katja Liebsch im ehrenamtlichen Einsatz in Tansania
privat - Katja Liebsch
Hallo Frau Liebsch, stellen Sie sich bitte einmal kurz vor.
Mein Name ist Katja Liebsch. Ich bin Fachschwester für den operativen Dienst seit mittlerweile zwölf Jahren. Und ich war ehrenamtlich mit dem Verein „Vision for Puma“ in Tansania und habe bei OPs assistiert.
Spannend! Wie lange waren Sie denn da und was genau haben Sie dort gemacht?
Ich war ehrenamtlich für zwei Wochen in einem Krankenhaus in Tansania, des katholischen Ordens „Mother of the Holy Cross“, unterstützt und gefördert von „Interplast“, einer Stiftung, die sich der humanitären Hilfe verschrieben hat.
Wir von „Vision for Puma“ hatten in Puma einen OP-Saal, welchen wir speziell für diese Zeit für Augen-Operationen eingeräumt hatten. Wir hatten vor Ort die Geräte, die man dazu benötigt, ein Mikroskop und auch eine spezielle Phakomaschine. In Tansania kommen auf mehrere Millionen Einwohner gerade ungefähr 50 Augenärzte. Am Flughafen Kilimandscharo angekommen und nach der Zollkontrolle, fuhren wir nach Dareda, um am nächsten Morgen mit den Untersuchungen zu starten. Es wurden Brillen ausgegeben und OP-Aufklärungen durchgeführt. Wenn eine OP nötig ist, müssen die Patienten den weiten Weg nach Puma ins Krankenhaus auf sich nehmen.
"Ich habe viel Erfahrung mit Augen-OPs, in Afrika ist das aber einfach noch mal ein ganz anderes Arbeiten, etwas abenteuerlicher, würde ich sagen."
Und warum haben Sie sich genau diese Organisation ausgesucht?
„Vision for Puma“ ist eine Organisation, die in Tansania und Sansibar ehrenamtlich Augenoperationen durchführt, um Blindheit und Katarakt zu verhindern oder zu heilen. Ich habe viel Erfahrung mit Augen-OPs, in Afrika ist das aber einfach noch mal ein ganz anderes Arbeiten, etwas abenteuerlicher, würde ich sagen. Man ist so dankbar über in Deutschland ganz selbstverständliche Dinge, wie Strom zum Beispiel. Es ist eben ein ganz anderer Anspruch, die Augen-OPs in Afrika durchzuführen und deswegen habe ich mich für die Organisation entschieden. Und dank doctari kann ich das auch. Es war absolut problemlos, zu sagen: Okay, ich möchte zusätzlich zu meinem Urlaub diese unbezahlte Freistellung. Das war wirklich großartig und unkompliziert.
Schön zu hören. Das heißt, diese Art des Engagements ist für Sie nur möglich, weil Sie in der Zeitarbeit arbeiten?
Es ist zumindest wesentlich einfacher. Die Einsätze vor Ort sind an bestimmte Zeiten gebunden. Wir brauchen nicht anreisen, wenn Erntezeit ist, weil zu dieser Zeit viele Menschen ihr Geld verdienen. Nach so etwas werden unter anderem die Einsätze geplant, in muslimischen Ländern auch nach religiösen Feiertagen. Das bedeutet, es gibt feste Termine, die von der Organisation vorgegeben werden. In der Zeitarbeit ist es wesentlich einfacher das abzustimmen und zu sagen: In dieser Zeit hätte ich gerne eine unbezahlte Freistellung. Ja, also es ist auf jeden Fall ein Riesenvorteil.
Was außer der anderen Art des Operierens schätzen Sie noch an der Arbeit in Afrika?
Dass ich nicht nur da bin, um meine sonst normale OP-Tätigkeit durchzuführen, sondern auch nachhaltig die Kollegen vor Ort weiterbilden kann. Dass ich mein fachliches Wissen, meine Erfahrung und eben auch die unterschiedlichen Eindrücke, die durch die Zeitarbeit aus den verschiedenen Häusern bekomme, weitergeben kann.
Gilt das auch andersherum? Nehmen Sie auch Erfahrungen mit in Ihren Berufsalltag in Deutschland?
Unglaublich viel. Ich bin seit 15 Jahren im OP und habe eine gute Ausbildung genossen. Aber was ich nicht kennengelernt habe, ist, wie es früher war. Es wird viel mehr Mehrwegmaterial genutzt, Tupfer werden manchmal sogar noch gedreht, Abdeckungen und Kittel gewaschen. Und ich habe wesentlich mehr Funktionen, ich bereite unter anderem Instrumente auf, das mache ich in Deutschland in der Regel nicht.
Katja Liebsch bei der OP-Vorbereitung
privat: Katja Liebsch
Zeit für Spaß mit den Kindern bleibt immer
privat: Katja Liebsch
Bei mehr als 15 Jahren Berufserfahrung sitzt jeder Handgriff
privat: Katja Liebsch
Damit die OP schnell und gut läuft, legt Katja Liebsch alle Materialien sorgfältig zurecht
privat: Katja Liebsch
Nach der Katarakt-OP können die PatientInnen wieder viel besser sehen
privat: Katja Liebsch
Auch in Pausen zwischen den OPs bleibt immer etwas Zeit für die kleinen PatientInnen
privat: Katja Liebsch
Wie haben die Menschen auf Sie und Ihr Team reagiert?
Ich bin unglaublich beeindruckt gewesen. Die wenigsten Patienten sprachen Englisch, ich konnte die Landessprache Suaheli - bis auf wenige Vokabeln - nicht. Trotzdem haben sie großes Vertrauen gehabt. Bei Augen-OPs ist der Patient meist sehr aufgeregt, die OP wird nur mit Lokalanästhesie durchgeführt und es ist sehr wichtig, dass der Patient absolut ruhig liegt. Und das hat hervorragend geklappt. Das schönste Erlebnis hatten wir am postoperativen Tag, als die Patienten, die wir zuvor an der Hand in den OP-Saal geführt haben, weil sie nur Handbewegungen sahen, danach quasi tanzend selbstständig von der Station gegangen sind.
Was würden Sie denn anderen Fachkräften empfehlen, die das auch gerne machen würden?
Sich über die Organisation gut zu informieren, denn da gibt es Unterschiede. Wie bin ich versichert? Welchen Beitrag leiste ich finanziell? Bei meinen beiden Organisationen bezahle ich einen Mitgliedsbeitrag. Bei anderen Organisationen ist das aber vielleicht anders geregelt und man müsste zum Beispiel die Flüge selbst tragen oder Ähnliches. Und es wäre gut, wenn man sich damit auseinandersetzt, wo man hinfährt, was einen erwartet. Denn man kann nicht allen helfen, da gibt es Grenzen, weil eben vor Ort vieles nicht möglich ist und wir können nicht alle Patienten nach Deutschland holen. Das muss einem klar sein.
Folgen weitere Einsätze?
Solange ich die Möglichkeit habe, und das unterstützt wird von doctari, auf jeden Fall. Ich möchte das machen, so lange wie es möglich ist, weil es immer wieder andere Eindrücke und immer wieder andere Erfahrungswerte sind.
Auch die Allerkleinsten überstehen die OP dank Katja Liebschs Fürsorge bestens
privat: Katja Liebsch
Wie könnte man Sie denn darüber hinaus unterstützen?
Die Organisationen und ihre Einsätze basieren auf Spenden, auch kleine Beträge helfen immens, das gilt für Vision for Puma, Interplast e. V. und auch das Hammer Forum, mit dem ich in Somaliland war. Alle Teams fahren ehrenamtlich in ihrem Urlaub. Um die Operationen durchführen zu können, benötigt es allerdings immer Material. Ansonsten bin ich offen für jede Frage und natürlich kann man mit mir Kontakt aufnehmen. Ich freue mich über jeden Interessierten, mit dem ich mich vernetzen kann.
Frau Liebsch, vielen Dank für das Gespräch!
Wer gern mehr erfahren oder Kontakt mit Katja Liebsch aufnehmen möchte, kann uns gern unter socialmedia@doctari.de kontaktieren.
Juliane Beckmann
Online-Redakteurin mit viel Erfahrung und seit 2019 Teil der doctari-Redaktion. Lernt gern dazu, mag Bindestriche und macht die Texte rund.
Der klassische, weiße Arztkittel kommt aus der Mode. Nicht jedem gefällt dieser Trend. Doch vor etwas mehr als 100 Jahren sahen Mediziner auch schon anders aus.
Zum Artikel >In diesem Interview spricht Psychiater Dr. Marcel von Rauchhaupt über Wertschätzung und was sie für ihn und andere ÄrztInnen bedeutet.
Zum Artikel >Damit im Falle eines medizinischen Notfalls jeder weiß, was er tun muss, gibt es Erste-Hilfe-Schulungen. Ein Überblick über die Geschichte.
Zum Artikel >Manche Patienten möchten ihrem Arzt oder ihrer Ärztin danken, etwa nach schwerer Krankheit. Doch wie? Was ist angemessen?
Zum Artikel >Am Welttag der Patientensicherheit steht die Diagnosesicherheit im Fokus: Wie wirken sich Personalmangel und Arbeitsbelastung auf sichere Diagnosen aus?
Zum Artikel >Am 14. September findet der Tag der Ersten Hilfe 2024 statt – weltweit. Er erinnert daran, wie wichtig es ist, im Notfall zu helfen.
Zum Artikel >