Gesunde Computerspiele

Health Games: Zocken für eine bessere Gesundheit

Ein kleiner Junge mit Stethoskop um den Hals blickt auf ein großes Smartphone.
Amely Schneider | 4.4.2023 | Lesedauer: 4 Minuten

Können Computerspiele gesund sein? Ja, sogenannte Health Games können das. Doch welche Spiele gibt es schon? Und wie wirksam sind sie wirklich?

Als das Computerspiel „Pokémon Go“ vor ein paar Jahren herauskam, liefen Millionen Menschen mit ihren Smartphones auf den Straßen herum, um nach kleinen Monstern zu suchen. Das fiel auch Forschern der Duke University in den USA auf. Sie machten eine Studie und fanden heraus, was von den Spielentwicklern gar nicht bewusst beabsichtigt war: Durch die Pokémon-Suche bewegten sich die SpielerInnen mehr. Und das ist bekanntlich gesund.

Ein Smartphone zeigt im Rahmen des Spiels Pokemon Go ein Pokemon auf einer realen Treppe

Das Spiel Pokemon Go hat Millionen von Menschen auf die Straße gelockt.

Videospiele bringen Spaß und Motivation ins Gesundheitswesen

Noch vor einigen Jahren hatten Computerspiele einen eher schlechten Ruf. So hieß es, dass sie übergewichtig, aggressiv und krank machen würden. Eine einseitige Sicht. Heute weiß man: Computerspiele lassen sich sogar einsetzen, um die Gesundheit zu verbessern. Daraus ist in den vergangenen Jahren ein eigenes Genre entstanden: die sogenannten Health Games.

Mit Health Games sind Spiele gemeint, die Spaß machen, gleichzeitig aber auch einen gesundheitlichen Effekt haben. Sie können Therapien, Reha-Maßnahmen oder Prävention unterstützen, indem sie Wissen oder bestimmte Fähigkeiten vermitteln. Der Spaß am Spiel stärkt die Motivation der PatientInnen und hilft ihnen, am Ball zu bleiben.

Fähigkeiten des Gehirns verbessern sich nachweislich

Studien konnten bereits belegen: Regelmäßiges Computer spielen schult bestimmte Funktionen des Gehirns – darunter Gedächtnis, Koordination oder räumliches Denkvermögen. Das haben etwa Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung belegt. Eine Erkenntnis, von der zum Beispiel Parkinson-PatientInnen profitieren können, wenn sie neben der Physiotherapie täglich am Computer trainieren – zum Beispiel mit Spielen wie Tetris oder Puzzeln.

Lungentraining bei cystischer Fibrose

Speziell für lungenkranke Kinder und Jugendliche wurde ein Spiel entwickelt, mit dem die Lunge trainiert werden kann. Bei solch schwerwiegenden Krankheiten und den dazugehörigen Spielen spricht man auch von „Serious Games“. Bei dem besagten Spiel für Lungenkranke tragen die Betroffenen vor dem Mund ein Gerät, das über Sensoren mit dem Computer verbunden ist. Über ihren Atem navigieren sie ein U-Boot durch eine Unterwasserwelt.

Aktuell wird das Spiel für Kinder und Jugendliche mit cystischer Fibrose eingesetzt, es könnte aber auch für andere Krankheiten oder auch für Erwachsene adaptiert werden. Ein weiteres „Serious Game“ ist das Online-Spiel „Luftikids“ . Es hilft Kindern, die Asthma haben, mit ihrer Krankheit umzugehen und ihr Wissen rund um die eigene Krankheit zu verbessern.

Gleicher Job, bessere Bedingungen? Werden Sie Vertretungskraft bei doctari, der Nummer 1 für Zeitarbeit in der Medizin.

Kostenlos registrieren

„Re-Mission“: Krebszellen in virtuellen Welten abschießen

Für junge KrebspatientInnen wurde das Health Game „Re-Mission “ entwickelt. In einer virtuellen Welt steuern die Kinder Nanoroboter durch ihren Körper und schießen böse Krebszellen ab. Dadurch – das ergab eine Studie der Stanford University – sind sie motivierter, auch im echten Leben an der Therapie aktiv mitzuwirken. Sie wissen mehr über ihre Krankheit und die Vorgänge in ihrem Körper. Das Spiel, das von der amerikanischen HopeLab-Stiftung finanziert wurde, steigert zudem das Gefühl von Selbstwirksamkeit.

Auch für psychische Krankheiten gibt es Health Games. Die Universität Auckland in Neuseeland entwickelte das Spiel „Sparx “ für Jugendliche, die unter Depressionen leiden. In dem Spiel bewegen sich die NutzerInnen durch eine Fantasy-Welt, in der sie anhand von Rätseln lernen, mit depressiven Gedanken umzugehen oder sich in schwierigen Situationen zu entspannen. Klinische Studien konnten positive Effekte nachweisen.

Zwei ältere Männer spielen mit einer Spielkonsole.

Nicht nur junge Menschen mögen Computer- oder Videospiele

Spielekonsolen für die BewohnerInnen von Pflegeheimen

Health Games gibt es auch für Spielekonsolen. Die Konsole namens „Memorebox “ wird bereits in vielen Seniorenheimen eingesetzt und ist als Medizinprodukt zertifiziert. Die Box wird an einen Fernseher angeschlossen, die Spiele über Körperbewegungen gesteuert. So können die älteren Menschen virtuell kegeln, tanzen, Briefe austragen oder Motorrad fahren. Die BewohnerInnen trainieren damit ihr Gedächtnis und ihre körperliche Beweglichkeit. Die Spiele sollen auch dabei helfen, Demenz vorzubeugen oder deren Verlauf zu verlangsamen.

Wissenschaftler der Berliner Humboldt Universität und der Charité haben die Wirksamkeit der Konsolen-Spiele untersucht. Das Ergebnis: Das regelmäßige Spielen steigerte die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit der älteren Menschen. Vor allem Erinnerungsvermögen, Stand- und Gangsicherheit, Motorik und Koordination verbesserten sich.

Umfrage: Jeder zweite Deutsche mag Videospiele

Computerspiele sind heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Längst sind es nicht mehr nur Jugendliche, die zocken, sondern Menschen aller Bevölkerungsgruppen. Eine Studie des Digitalverbands Bitcom kam zu dem Ergebnis: Fast jeder zweite Deutsche spielt mindestens hin und wieder. Mit Computerspielen lassen sich also Millionen von Menschen in allen Altersgruppen erreichen. Das Potenzial, sie auch für gesundheitliche Zwecke einzusetzen, ist damit groß. 

Gesundheitswirtschaft und Politik zeigen in den letzten Jahren immer mehr Interesse an den Health Games – auch weil sie die Gesundheitsbranche, Pflegepersonal und pflegende Angehörige entlasten und unterstützen könnten. PatientInnen könnten sie helfen, Wartezeiten auf Therapeuten-Termine zu überbrücken.

Forschung zur Wirksamkeit von Health Games noch jung

Auch wenn es schon Studien zur Wirksamkeit von einzelnen Health Games gibt, steht die Forschung dazu noch am Anfang. Vieles muss eingehender untersucht und diskutiert werden: Welche medizinische Langzeiteffekte haben die Spiele? Ab wann ist ein solches Spiel ein medizinisches Produkt? Lassen sich dadurch Therapie-Kosten sparen? All das sind Fragen, die wichtig sind, um die Qualität von Health Games zu sichern und zu entscheiden, ob ein Spiel von den Krankenkassen anerkannt und bezahlt wird oder nicht.

Es gibt jedoch auch viele Hürden, die Health Games im Gesundheitswesen zu etablieren. Dazu gehört etwa das Thema Datenschutz. Damit ein Spiel zu einem medizinischen Produkt wird, muss es zudem ähnlich wie ein Medikament einen langwierigen Prozess durchlaufen – das schreckt auch viele Spieleentwickler ab. Dennoch: Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft werden auch Health Games noch an Bedeutung gewinnen. Vielleicht werden sie in der Zukunft dann sogar ganz alltäglich: Computerspiele auf Rezept.

Titelbild: iStock.com/Skarie20

Autor

Amely Schneider

Inhaltsverzeichnis
Teilen
Mehr zum Thema
Aktionstag gegen Gewalt
Medizinisches Personal muss besser geschützt werden

In Kliniken und Praxen kommt es immer häufiger zu Übergriffen auf medizinisches Personal. Das gilt für Deutschland und für andere europäische Länder.

Zum Artikel >
Ein Mann in einem Krankenhaus wird handgreiflich und wird von einem anderen Mann festgehalten.
MB-Monitor 2024
Schlechte Stimmung: 28 Prozent der Ärzte denken ans Aufhören

Düstere Aussichten: Viele Ärztinnen und Ärzte fühlen sich überlastet und mehr als ein Viertel denkt sogar ans Aufhören. Das würde wiederum die Situation für die…

Zum Artikel >
Junger Arzt im Kittel und mit umgelegtem Stethoskop blickt ernst in die Kamera.
Fachkräftemangel
Gutachten prognostiziert steigende Zahl an Ärzten und Pflegekräften

Mehr Personal für Krankenhäuser: Ein Gutachten sagt ein merkliches Wachstum voraus. Es wird jedoch nicht reichen, um den Fachkräftemangel zu beheben.

Zum Artikel >
Auf einem Tisch stehen viele, weiße Spielfiguren, daneben liegt ein Stethoskop
Recht
Mehr Schutz für Rettungskräfte und Ärzte

Das Bundesjustizministerium möchte Rettungskräfte, Ärzte, Politiker und Polizisten besser schützen und passt hierfür das Strafgesetzbuch an.

Zum Artikel >
Ein Mann in einem Krankenhaus wird handgreiflich und wird von einem anderen Mann festgehalten.
Stimmungsbarometer
Die Stimmung der Ärzteschaft steigt, aber nur ein klein wenig

Zum ersten Mal seit Langem blicken die Ärztinnen und Ärzten in Deutschland ein bisschen optimistischer in die Zukunft.

Zum Artikel >
Ein junger Arzt steht vor einem Krankenhaus und blickt ernst in die Kamera
Umfrage
Assistenzärzte unzufrieden mit Arbeitsbedingungen

Viele AssistenzärztInnen sind unzufrieden: unbezahlte Überstunden, keine Pausen, zu wenig Wertschätzung. Das zeigt eine aktuelle Umfrage.

Zum Artikel >
Eine junge Ärztin lehnt sich müde gegen die Wand eines Krankenhausflurs
Werden Sie jetzt Teil von doctari und finden Sie Ihren Traumjob