Hitzeaktionstag

Tipps für Pflegepersonal gegen Hitzekollaps

Eine Pflegekraft sitzt bei Hitze unter einem Baum und fasst sich an die Stirn.
Fabian Hoberg | 5.6.2024 | Lesedauer: 5 Minuten

Hitze ist gefährlich, lebensgefährlich. Das gilt ganz besonders in medizinischen Einrichtungen. Wie können Mitarbeitende sich und ihre PatientInnen schützen?

Im Jahr 2023 starben in Deutschland 3.200 Menschen an den Folgen von Hitze, ein Jahr zuvor waren es 4.500, wie das Robert-Koch-Institut berichtete. Und die Gefahr durch Hitze nimmt aufgrund des Klimawandels weiter zu.

Der Sommer 2023 war der wärmste seit Beginn der Temperaturaufzeichnung im Jahr 1850. Die Mitteltemperatur lag 2023 bei 10,6 Grad Celsius und damit 2,4 Grad über dem Mittelwert zwischen 1961 und 1990. Dramatischer und für die meisten Menschen unangenehmer sind die extrem heißen Tage, deren Zahl ebenfalls steigt. Vergangenes Jahr lag die Temperatur an 11,5 ⁠Tagen über 30 Grad Celsius, 2018 war es an 20,4 Tagen heißer als 30 Grad Celsius.

Sich selbst und andere schützen

Kurz: Der Klimawandel ist Realität und es wird in Deutschland stetig wärmer. Diese Entwicklung trifft medizinisches Personal gleich doppelt: Zum einen, weil sich das Personal selbst schützen muss, auch um die Patientenversorgung sicher zu stellen, und zum anderen, um Patientinnen und Patienten vor Hitze zu schützen. „Hitzeschutz ist uns als Ärztinnen und Ärzten ein wichtiges Anliegen, denn wir stehen in der Verantwortung, die Gesundheit der Bevölkerung, aber auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens bei Extremwetterereignissen zu erhalten“, sagt Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer.

Auf der Hitzeschutzkonferenz hat das Bundesgesundheitsministerium deshalb einen Hitzeschutzplan vorgelegt, wie sich Kliniken, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen vor extrem hohen Temperaturen schützen können.

Handlungsempfehlungen für Krankenhäuser laut dem Hitzeschutzplan:

  • Individuellen Hitzeschutzplan für die eigene Einrichtung erstellen
  • Bestimmung einer Verantwortlichen oder eines Verantwortlichen für den Hitzeschutz
  • Aufklärung der PatientInnen
  • Plan für Lagerung von wärmeempfindlichen Medikamenten erstellen
  • Lüftungskonzepte erstellen
  • Mehr Getränke bereitstellen und möglicherweise Speiseplan anpassen

9 Tipps für Pflegekräfte

Manche Kliniken und Krankenhäuser sind von extremer Hitze besonders schwer betroffen und können ihre Räume nicht mit modernen Klimaanlagen oder Belüftungsanlagen wirksam auf eine angenehme Temperatur herunterregeln. Umso wichtiger sind Maßnahmen, die jeder Arzt, jede Ärztin oder jede Pflegefachkraft selbst umsetzen können. Denn nur, wenn Miterarbeitende richtig geschützt sind, können sie ihre Arbeit auch gut machen.

Tipp 1: Ausreichend Trinken

Trinken, trinken, trinken. Nur wer ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt – am besten Wasser -, dehydriert auch bei großer Hitze nicht. Aus diesem Grund sollten ausreichend Trinkwasserspender oder Trinkwasser in Kliniken oder Krankenhäusern zur Verfügung stehen. Statt Wasser löschen auch zuckerfreie Tees den Durst, gesüßte Softdrinks sind dagegen nicht ratsam.

Tipp 2: Atmungsaktive Arbeitskleidung

Mit einer atmungsaktiven Arbeitskleidung wird ein Hitzestau minimiert und der Temperaturhaushalt besser geregelt. Dabei muss die atmungsaktive Arbeitskleidung aber der allgemeinen Kleiderordnung des Unternehmens, Krankenhauses oder der Klinik entsprechen. Auch Kühlwesten können helfen.

Tipp 3: Pausen und Arbeitszeitregelung

Hitze macht das Arbeiten anstrengend. Daher sollte das Pflegepersonal, wenn möglich, ausreichend Pausen einlegen, um in dieser Zeit Kraft zu tanken. Bei flexibler Arbeitszeit, die es in Klinken allerdings nur selten gibt, lässt es sich früh morgens oder abends wegen der kühleren Außentemperatur meist besser arbeiten. 

Tipp 4: Regelmäßige Abkühlung

Mit einer regelmäßigen Abkühlung wie einem kalten Handtuch im Nacken während der Pause oder einer kühlenden Kompresse kann die Körpertemperatur gesenkt werden. Außerdem erfrischt kühles Wasser die Haut. Ganz kaltes Wasser oder Eisbeutel hingegen können zu Verletzungen führen. Auch Fächer oder Ventilatoren helfen, die Hitze etwas erträglicher zu machen.  

Tipp 5: Temperatur in Innenräumen regulieren

Wenn eine Klimaanalage oder ein Lüftungssystem vorhanden ist, dann sollten die Geräte trotz Hitze nicht zu kalt eingestellt werden. 21 bis 22 Grad gelten als optimale Raumtemperatur, 19 Grad sind hingegen bereits zu kalt. Denn auch wenn es auf den ersten Moment erfrischend wirkt, besteht die Gefahr, eine Erkältung zu bekommen. Damit die Räume erst gar nicht so stark aufheizen, sollten Fenster bei starker Sonneneinstrahlung verdunkelt werden.

Tipp 6: PatientInnen-Überwachung

Manche PatientInnen leiden besonders unter hohen Temperaturen, wie zum Beispiel Schwangere, kleine Kinder, ältere Menschen und PatientInnen mit Atemwegsproblemen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie müssen an heißen Tagen engmaschig überwacht und ihre Vitalwerte kontrolliert werden.

Tipp 7: PatientInnen-Verlegung

Steigt die Temperatur in einzelnen Zimmern drastisch, müssen diese geschlossen und die PatientInnen in andere Bereiche des Krankenhauses oder der Klinik verlegt werden. Dafür ist ein aktueller Notfallplan hilfreich, der für klare Anweisungen für das gesamte Pflegepersonal sorgt.

Tipp 8: Flüssigkeitsversorgung und Kühlung

Bei heißen Tagen müssen Patientinnen und Patienten genau auf ihren Flüssigkeitshaushalt achten und mehr Wasser und Flüssigkeit trinken als an kühleren Tagen. Damit lässt sich meist eine Dehydrierung verhindern. Sollten PatientInnen nicht selbst in der Lage sein, auf ihren Flüssigkeitshaushalt zu achten, muss das Pflegepersonal diese Aufgabe übernehmen. Mit kühlenden Kompressen, kühlen Tüchern oder Ventilatoren lassen sich zudem die Körper der PatientInnen kühlen und die Temperatur sinken. 

Tipp 9: PatientInnen aufklären

Mit einer frühzeitigen Aufklärung können sich PatientInnen besser auf die bevorstehende Stresssituation vorbereiten und unter Umständen selbst Maßnahmen ergreifen. Das nimmt ihnen eventuell die Angst vor den heißen Tagen und bereitet sie mental besser auf die Ausnahmesituation vor. 

Krankenpfleger setzt älterem Mann eine Sauerstoffmaske auf.

Aufgaben von Krankenhäusern und Kliniken

Auch Krankenhäuser und Kliniken müssen auf besonders heiße Tage vorbereitet sein. Nach dem Arbeitsschutzgesetz soll der Arbeitgeber bei einer Raumtemperatur von 26 Grad Celsius tätig werden, um die Temperatur zu senken. Bei 30 Grad muss er tätig werden. Nach den Arbeitsstättenregeln (ASR) muss der Arbeitgeber dann Maßnahmen bereitstellen, wie Rollos schließen, Räume über Nacht lüften, Ventilatoren oder Klimageräte einsetzen, Getränke bereitstellen oder Arbeitszeiten anpassen.

In Räumen über 35 Grad kann nicht gearbeitet werden. Jede Klinik und jedes Krankenhaus sollte Richtlinien und Protokolle für den Umgang mit Hitzebelastung entwickeln und mit den Mitarbeitenden teilen. Es gibt gesetzlich keinen rechtlichen Anspruch auf einen klimatisierten Arbeitsraum. Arbeitgeber sind jedoch verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass Leben und Gesundheit möglichst nicht gefährdet und verbleibende Gefährdungen gering gehalten werden.

Notfallpläne helfen

Neben all diesen Maßnahmen hilft vor allem die Aufklärung über Risiken von Hitzestress – das gilt für PatientInnen und Mitarbeitende. Mit einem ausgeklügelten und geprobten Notfallplan wird die Arbeit bei Hitze zwar nicht weniger schweißtreibend – aber er vermittelt Sicherheit und sorgt für weniger Stress. Konkrete Tipps für einen solchen Plan gibt es vom Bundesgesundheitsministerium und in dem bereitgestellten Musterhitzeschutzplan.

Titelbild: iStock.com/SDI Productions

Autor

Fabian Hoberg

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