Karriere als Ärztin

Mentoring-Programme wirken nachhaltig

Mentoring-Programm für Ärztinnen: Eine Mentorin unterstützt junge Ärztinnen mit ihrem Wissen
Amely Schneider | 19.11.2024 | Lesedauer: 5 Minuten

Wenn es um die Karriere geht, läuft vieles über Kontakte. Mentoring-Programme für Ärztinnen bieten Unterstützung, um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen.

Frauen haben in der Medizin nach wie vor schlechtere Karrierechancen als Männer. Zwar liegt der Anteil der Studentinnen im Medizinstudium in Deutschland bei fast 65 Prozent. In Führungspositionen finden sich aber deutlich mehr Männer als Frauen. Je höher die Karrierestufe, desto geringer wird der Anteil der Ärztinnen. Bei den Chefarzt-Stellen waren 2022 lediglich 13 Prozent weiblich besetzt.

Einer der Gründe dafür ist, dass Männer nach wie vor wesentlich besser vernetzt sind. Oft pflegen sie ihre Kontakte abends bei einem Bier, beim Essen oder in den Pausen auf Konferenzen. Da Frauen häufig noch in traditionellen Rollenmustern stecken und sich neben dem Beruf um die Familie kümmern, sind sie bei solchen Gelegenheiten oft nicht dabei. Das macht es für sie schwerer, in Karriere-Netzwerken sichtbar zu sein.

Junge Ärztin lächelt in die Kamera

Frauen haben es in der Medizin oft schwerer als Männer, Karriere zu machen. Mentoring-Programme sollen das ändern

Chefetagen in Kliniken: Gleich und gleich gesellt sich gern

Viele Chefs ticken zudem noch sehr hierarchisch und ziehen vor allem Männer als Nachfolger heran. Schon oft beschrieben wurde das Phänomen, dass sich die Mitglieder einflussreicher Seilschaften in Alter, Herkunft, Ausbildung und Geschlecht stark ähneln. So umgeben sich auch einflussreiche Männer gerne mit ähnlichen Menschen wie sie selbst. Teams werden dadurch kaum diverser, sondern reproduzieren sich stetig selbst. Solange es nur wenige Frauen in einflussreichen Positionen gibt, rücken auch nur wenige Frauen nach.

Ähnliches hat in diesem Jahr eine Studie des Universitätsklinikums der Ruhr-Universität Bochum ergeben. Forschende hatten dafür deutschlandweit 2.060 Ärztinnen und Ärzte aller Karrierestufen befragt. 92 Prozent von ihnen stimmten der Aussage zu, dass sich die Karrierechancen von Männern und Frauen unterscheiden. 56 Prozent der Assistenz-, Fach- und Oberärztinnen, die bereits Kinder hatten, gaben an, durch die genommene Elternzeit Einbußen in ihrer Karriere erlitten zu haben. Die Mehrheit der Männer (54 Prozent) teilte diese Erfahrung nicht.

Ausgewählte Mentoring-Programme für Ärztinnen

In den vergangenen Jahren sind auch in Deutschland immer mehr Mentoring-Programme entstanden – auch solche die vor allem junge Ärztinnen unterstützen. Diese Programme helfen Frauen dabei, Netzwerke aufzubauen, das berufliche Selbstvertrauen zu stärken und Karrierewege zu finden.

Die Mentoring-Programme werden von medizinischen Fachgesellschaften, Universitätskliniken, aber auch von Klinikverbünden angeboten. Man findet sie aber auch bei Stiftungen, Berufsverbänden und unabhängigen Vereinen wie bei dem Deutschen Ärztinnenbund.

Die Programme sind unterschiedlich ausgerichtet, manchmal ist eine Mitgliedschaft notwendig oder sie richten sich nur an Mitarbeiterinnen eines bestimmten Krankenhauses. Wir haben eine Auswahl an Mentoring-Programmen für Ärztinnen zusammengestellt:

1. Deutscher Ärztinnenbund e.V.

Das Programm des Deutschen Ärztinnenbundes unterstützt junge Medizinerinnen in ihrer beruflichen Entwicklung mit Workshops, Networking-Veranstaltungen und 1-zu-1-Mentoring-Sitzungen. Rund ein Drittel der Mentees sind Studentinnen, mehr als die Hälfte Ärztinnen in Weiterbildung. Jede zweite Mentee ist zwischen 20 und 30 Jahre, jede Dritte zwischen 30 und 40 Jahre alt. Die derzeit 200 Mentorinnen arbeiten als niedergelassene oder angestellte Ärztinnen in Klinik und Wissenschaft und sind in berufspolitischen Gremien aktiv.

Inhalte des Programms:

  • Regelmäßiger Austausch zwischen Mentees und Mentorinnen
  • Begleitung im Studium bei der Auswahl des Fachgebiets und beim Berufseinstieg
  • Strategische Planung der Karriere
  • Individuelle Beratung zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
  • Beratung zum Wiedereinstieg in den Beruf nach der Elternzeit
  • Beratung zur Niederlassung
  • Unterstützung bei wissenschaftlichen Arbeiten und der wissenschaftlichen Karriere mit dem Ziel der Promotion oder der Habilitation
  • Unterstützung bei der Bewerbung um Führungspositionen
  • Einführung in die Berufs-, Standes- und Verbandspolitik
  • Hilfe bei der Vernetzung im Hinblick auf Hospitationen und Praktika im Ausland

EU-geförderte Cross-Mentoring-Programme an Kliniken

Im Rahmen des Projekts „Gleichstellung und Diversität im Gesundheitswesen nachhaltig umsetzen (GUDIN)“, das von der Europäischen Union und der Bundesregierung gefördert wird, bieten einige deutsche Kliniken Mentoring-Programme für Ärztinnen an. Im Mittelpunkt steht jeweils ein Tandem aus einer Nachwuchs-Ärztin und einer erfahrenen Führungskraft.

Mentorinnen und Mentoren sind Chefärztinnen und Chefärzte sowie leitende Ärztinnen und Ärzte und ärztliche Führungskräfte aus der Administration. Hier können sich meist nur Mitarbeiterinnen der jeweiligen Klinik bewerben.

Inhalte sind:

  • Netzwerk und Karriereentwicklung
  • Persönliche Entwicklung
  • Kommunikation und Konfliktbewältigung
  • Empowerment und Resilienz
  • Umgang mit Macht und Hierarchie
  • Strategische Führung und systemische Kompetenzen
  • Mehrmals pro Jahr Teilnahme an Führungskräfteschulungen
  • Mehrmals pro Jahr Teilnahme an Netzwerktreffen

Die Chirurginnen e. V.

Ziel dieses Mentoring-Programms ist es, Frauen in der Chirurgie, einem Fachgebiet mit hohem Männeranteil, in ihrer klinischen Karriereplanung sowie in schwierigen, konfliktreichen Lebens- und Arbeitssituationen zu unterstützen. Das Programm hat eine Laufzeit von einem Jahr. In gegenseitigem Einverständnis kann es beliebig oft um jeweils ein weiteres Jahr verlängert werden. Es fällt eine jährliche Gebühr für die Mentees an. Der Anmeldeschluss ist jedes Jahr im März.

Inhalte sind:

  • Die Mentees werden durch eine erfahrene Chirurgin begleitet
  • Die Tandems werden individuell passend ausgesucht
  • Es gibt eine Seminarreihe zum beruflichen Kontext und zur Persönlichkeitsentwicklung

Healthcare Frauen e. V.

Der gemeinnützige Verein Healthcare Frauen (HCF) e.V. ist ein Businessnetzwerk führender Managerinnen in der deutschen Gesundheitsbranche – von der Ärztin und Apothekerin über die Betriebswirtin bis hin zur Wissenschaftlerin. 2006 wurde es von sieben Managerinnen gegründet und zählt heute mehr als 250 führende Frauen zu seinen Mitgliedern.

Ziel ist es, Frauen im Gesundheitswesen in leitende Positionen zu bringen. Im Rahmen des Mentoring-Programms steht eine erfahrene Mentorin aus dem Mitgliederkreis einer aufstrebenden Führungskraft ein Jahr lang zur Seite. Zu Beginn des Programms wird ein Kostenbeitrag erhoben. 

Inhalte sind:

  • Konfliktsituationen
  • Führung
  • Persönliche Entwicklung und Karriereplanung
  • Strategische Positionierung
  • Netzwerkerweiterung
  • Eigene Haltung und neue Perspektiven
  • Teilnahme an den offiziellen HCF-Veranstaltungen ist Voraussetzung

Studie: Unterstützung durch erfahrene Kolleginnen wirkt nachhaltig

Wie wirksam sind solche Mentoring-Programme? Forschende der Universität Greifswald haben dazu in mehreren Untersuchungen Mentees und Alumnae befragt. Sie wollten wissen, welche Kompetenzen ehemalige und aktuelle Teilnehmerinnen solcher Programme aus ihrer Sicht erworben haben und welche Wirkung sie auf ihre berufliche Laufbahn hatten. 

71 Prozent sagten, dass sie durch die in Mentoring-Programmen erworbenen Fähigkeiten die eigenen Netzwerke, die eigene strategische Karriereplanung und Sichtbarkeit entscheidend ausbauen konnten. 64 Prozent der ehemaligen Mentees gaben an, dass sie souveräner geworden seien, besser Prioritäten setzten und sich für eigene Anliegen einsetzen könnten. Auch die Aussage „Ich habe mehr Sicherheit in meiner Führungsrolle" schreiben ehemalige Mentees zu 65 Prozent der Teilnahme am Mentoring zu. Es scheint sich also zu lohnen, sich die verschiedenen Mentoring-Programme einmal anzusehen.

Titelbild: iStock.com/fizkes

Autor

Amely Schneider

Inhaltsverzeichnis
Teilen
Mehr zum Thema
So klappt's mit dem neuen Job
Tipps für das Vorstellungsgespräch als Arzt

Als Vorbereitung für ein Vorstellungsgespräch in einer Klinik oder in einem Krankenhaus haben wir sechs häufige Fragen mit passenden Antworten für Ärzte und Ärz…

Zum Artikel >
Junge Ärztin mit Stethoskop lächelt in die Kamera.
Geschenke-Tipps
Weihnachtsgeschenke von oder für Ärztinnen und Ärzte

Die ersten Adventskalendertüren sind geöffnet. Wer jetzt noch kein Geschenk für seinen Lieblingskollegen oder seine Lieblingskollegin hat, muss sich beeilen.

Zum Artikel >
Ein Weihnachtgeschenk liegt auf einem Tisch neben Tabletten und einem Stethoskop.
Definition und Nutzen
Was ist Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ)?

Zeitarbeit, Leiharbeit, Personalleasing – Arbeitnehmerüberlassung hat viele Namen. Aber was steckt eigentlich genau dahinter?

Zum Artikel >
Ein Arzt hält ein Klemmbrett und einen Stift in der Hand und blickt freundlich in die Kamera.
Alternativen zum Arztberuf
Welche beruflichen Alternativen haben Ärzte?

„Ich will kein Arzt mehr sein!“ Leider treffen immer mehr Ärztinnen und Ärzte diese Aussage. Die Gründe dafür sind vielfältig und verständlich. Doch es geht auc…

Zum Artikel >
Alle Alternativen zum Arztberuf im Überblick
Vertretungsarzt: Alle Infos
Honorararzt werden – Ist es das Richtige für mich? 

Als Arzt oder Ärztin auf Zeit zu arbeiten, bietet Vorteile wie Flexibilität, ein hohes Gehalt und eine ausgewogene Work-Life-Balance. Wichtiges zur Arbeit als V…

Zum Artikel >
Honorararzt werden: Vorteile, Nachteile, Stundenlohn
Personalvermittlung Arzt
So finden Sie die passende Personalvermittlung für Ärzte und Ärztinnen

Auf der Suche nach der besten Personalvermittlung für Ärzte gibt es viel zu beachten. Wir haben alle wichtigen Infos gesammelt inklusive Checkliste.

Zum Artikel >
Junger Arzt mit Klemmbrett in der Hand lächelt in die Kamera.
Werden Sie jetzt Teil von doctari und finden Sie Ihren Traumjob