Quiet quitting

Wenn Ärztinnen und Ärzte innerlich kündigen

Arzt sitzt verzweifelt im Flur
Amely Schneider | 30.12.2024 | Lesedauer: 4 Minuten

Wer nur noch mit schlechter Laune zur Arbeit geht, hat womöglich innerlich gekündigt. Wir geben Tipps, wie Ärzte und Ärztinnen wieder Freude am Job finden.

Immer mehr Menschen ohne Bindung zum Arbeitgeber

Auch Ärzten und Ärztinnen passiert es oft schleichend. Bei der Arbeit im Krankenhaus fühlen sie sich nicht mehr so motiviert wie früher, sie engagieren sich weniger, ziehen sich von Kollegen und Kolleginnen zurück. Manche verspüren weniger Mitgefühl für die Patienten und Patientinnen. Manchmal dauert es einige Zeit, bis sie selber merken, was los ist: Sie haben innerlich gekündigt. 

So geht es nicht nur Ärzten und Ärztinnen, sondern offensichtlich vielen Menschen in Deutschland. Fast ein Fünftel der Beschäftigten verspürt „keine Bindung“ mehr zu ihrem Arbeitgeber. Das ist ein Prozentpunkt mehr als noch im Vorjahr und der höchste Wert in den vergangenen zehn Jahren, wie das Beratungsunternehmens Gallup berichtet. Gleichzeitig sei die allgemeine Bereitschaft den Arbeitgeber zu wechseln gestiegen. 

Die Gründe für eine innere Kündigung sind unterschiedlich

Häufige Auslöser von innerer Kündigung bei Mitarbeitenden im Krankenhaus sind die allgemeinen Arbeitsbedingungen. Überlastung aufgrund von langen Arbeitszeiten, zunehmender bürokratischer Aufwand und ein hoher wirtschaftlicher Druck bringen jede Menge Erschöpfung mit sich. Manche MedizinerInnen frustriert dabei auch die Diskrepanz zwischen den eigenen Idealen und dem, was sie im Alltag davon umsetzen können. Zudem wirken sich mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder fehlende Perspektiven negativ auf die Einstellung zum Job aus. 

Manchmal ist es auch ein bestimmtes Ereignis, dass das Fass zum Überlaufen bringt. Das Verhalten eines Vorgesetzten stellt sich als enttäuschend oder verletzend heraus. Aufgrund der empfundenen Kränkung ist man nicht mehr bereit, alles für den Beruf zu geben. Auch Konflikte und Mobbing im Team, die nicht gelöst werden, führen dazu, dass Mitarbeitende ihren Job ablehnen und auf Sparflamme schalten. 

Weitere Hinweise darauf, dass jemand innerlich gekündigt hat, können sein:

  • Empathie und Mitgefühl nehmen ab
  • Gefühle der Sinnlosigkeit nehmen zu
  • Gleichgültigkeit gegenüber Entwicklungen im Team und der Klinik
  • Zynische Sprache
  • Gefühl, während der Arbeitszeit in eine Rolle zu schlüpfen, neben sich zu stehen
  • Psychosomatischen Beschwerden wie Schwindel, Schlafstörungen, chronische Erschöpfung und andere stressbedingte Erkrankungen. Burn-out, Depressionen, Sucht- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen können die Folge sein. 

Was man tun kann, wenn man merkt, dass man innerlich gekündigt hat 

Bleiben oder gehen? Das ist die große Frage, wenn einem bewusst wird, dass man innerlich bereits gekündigt hat. Hier ist es erst einmal wichtig, für sich selbst die Ursachen für die mangelnde Motivation herauszufinden. Dann lässt sich entscheiden: Gibt es die Möglichkeit im aktuellen Job etwas zu verändern – zum Beispiel intern den Arbeitsbereich zu wechseln? Oder möchte man einen Neuanfang woanders wagen? 

Um das zu klären, kann es sinnvoll sein, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Was gefällt mir an meinem Job, was nicht (Pro-Contra-Liste)?
  • Brauche ich andere Aufgaben?
  • Will ich mehr Verantwortung übernehmen?
  • Will ich mehr verdienen?
  • Brauche ich ein anderes Arbeitszeitmodell?
  • Kann ich mich noch mit den Werten meiner Klinik identifizieren?
  • Passt mein Team noch zu mir? Passt mein/meine Vorgesetzte noch zu mir?
  • Brauche ich mehr Life-Work-Balance?
  • Brauche ich eine Auszeit?
  • Warum habe ich diesen Beruf ursprünglich ergriffen? Was fehlt mir davon inzwischen? 

Die Angst vor Veränderung kann Weiterentwicklung im Wege stehen

Einen gewohnten Job aufzugeben und etwas Neues zu wagen, erfordert Mut. Manchmal verbleiben Menschen lieber in einer Situation, die sie kennen – auch wenn sie ihnen nicht guttut. Ungewissheit lässt sie zögern: Wird es nach der Kündigung woanders wirklich besser sein? Werde ich mit den neuen Aufgaben zurechtkommen? Steht die Angst einer Veränderung zum Guten im Weg, kann es sich lohnen, sich Unterstützung bei einem Coach oder Psychotherapeuten zu holen.

Wertschätzung und Teamgeist: Was die Freude an der Arbeit fördert

Für Krankenhäuser sind unmotivierte Ärzte und Ärztinnen, die die Freude an ihrer Arbeit verloren haben, fatal. Die Qualität der Patientenversorgung kann sich verschlechtern, die Sorgfalt der Ärzte und Ärztinnen nachlassen. Dies kann im schlimmsten Fall zu Behandlungsfehlern führen. Zudem verursachen daraus resultierende Krankheitstage Kosten für Kliniken.

Die Motivationspsychologie hat sich damit beschäftigt, was Menschen brauchen, um Freude an der Arbeit zu haben. Geld spielt hier zwar auch eine Rolle, ist aber lange nicht der einzige Grund. Ebenso wichtige sind: Vertrauen, Kollegialität, höflicher Umgangston und authentische Vorgesetzte, die ebenfalls Freude an der Arbeit vermitteln. Mitarbeitende möchten sich im Team aufgehoben und anerkannt fühlen. Sind solche Aspekte erfüllt, sind sie nachweislich stresstoleranter sowie offener und positiver im Umgang mit anderen. Sie sind eher bereit, vorübergehende Unannehmlichkeiten und Frustrationen zu ertragen und haben eine offenere Haltung gegenüber Veränderungen am Arbeitsplatz.

Gleicher Job, bessere Konditionen

Als Vertretungsarzt, -ärztin bei doctari, der Nr. 1 für Zeitarbeit in der Medizin, profitieren Sie von einer besseren Work-Life-Balance, mehr Gehalt und mehr Selbstbestimmung. Registrieren Sie sich jetzt, kostenlos, innerhalb von 2 Minuten.

Jetzt registrieren

Was Krankenhäuser tun können, damit ihre Mitarbeitenden motiviert bleiben 

Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Entlastung durch administrative Unterstützung und digitale Lösungen können helfen, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren. Wichtig sind außerdem faire Arbeitszeitregelungen mit verlässlichen Pausen sowie angemessenere Vergütung. 

Förderung der psychischen und körperlichen Gesundheit

Betriebliches Gesundheitsmanagement mit Sportangeboten und Ge­sund­heitstagen sorgen nicht nur für mehr Widerstandskraft gegen Stress, sie stärken auch die Bindung der Mitarbeitende an ihr Unternehmen. Angebote zur Supervision und psychologischen Beratung sollten ausgebaut sowie eine Kultur gefördert werden, in der über Belastungen offen gesprochen werden kann. 

Verhalten von Führungskräften verbessern

Oft liegen die Ursachen für unmotivierte Mitarbeitende an Schwächen von Führungskräften.  Wenn Wertschätzung fehlt, die Mitarbeitenden nur wenig mitbestimmen können und Konflikte nicht gelöst werden, beeinträchtigt das die Stimmung im Team. Führungskräfte sollten regelmäßig Feedbackgespräche führen und Wertschätzung ausdrücken. Leider fehlt gerade im Krankenhaus oft die Ruhe und Zeit, Unstimmigkeiten zu erkennen und Routinen umzustellen.

Manchmal passiert es auch, dass einzelne unzufriedene Mitarbeitende andere im Team durch ihr destruktives Verhalten anstecken. Hier können externe MediatorInnen helfen, den Kernkonflikt im Team herauszukristallisieren und zum Besseren zu wenden. 

Titelbild: iStock.com/Jacob Wackerhausen

Autor

Amely Schneider

Inhaltsverzeichnis
Teilen
Mehr zum Thema
So klappt's mit dem neuen Job
Tipps für das Vorstellungsgespräch als Arzt

Als Vorbereitung für ein Vorstellungsgespräch in einer Klinik oder in einem Krankenhaus haben wir sechs häufige Fragen mit passenden Antworten für Ärzte und Ärz…

Zum Artikel >
Junge Ärztin mit Stethoskop lächelt in die Kamera.
Richtig bewerben
Bewerbung als Arzt: Tipps für das Bewerbungsschreiben

Jobwechsel geplant? Mit unseren praxisnahen Tipps für den nächsten Karriereschritt gelingt eine überzeugende Bewerbung als Arzt oder Ärztin.

Zum Artikel >
Arzt sitzt am Laptop
Geschenke-Tipps
Weihnachtsgeschenke von oder für Ärztinnen und Ärzte

Die ersten Adventskalendertüren sind geöffnet. Wer jetzt noch kein Geschenk für seinen Lieblingskollegen oder seine Lieblingskollegin hat, muss sich beeilen.

Zum Artikel >
Ein Weihnachtgeschenk liegt auf einem Tisch neben Tabletten und einem Stethoskop.
Der perfekte CV
Lebenslauf als Arzt: Tipps für Inhalt und Aufbau

Beim Erstellen eines Lebenslaufes fragen sich viele Ärzte und Ärztinnen: Welche Informationen gehören rein, welche nicht und was gilt es noch zu beachten?

Zum Artikel >
Ein professioneller Lebenslauf als Arzt ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung
Personalvermittlung Arzt
So finden Sie die passende Personalvermittlung für Ärzte und Ärztinnen

Auf der Suche nach der besten Personalvermittlung für Ärzte gibt es viel zu beachten. Wir haben alle wichtigen Infos gesammelt inklusive Checkliste.

Zum Artikel >
Junger Arzt mit Klemmbrett in der Hand lächelt in die Kamera.
Werden Sie jetzt Teil von doctari und finden Sie Ihren Traumjob