Alles zum Medizinstudium

Wie werde ich Ärztin oder Arzt?

Medizinstudenten und Medizinstudentinnen sitzen während einer Vorlesung an einem Schreibtisch.
Sabine Stahl | 24.2.2022 | Lesedauer: 6 Minuten

Wer sich für den Arztberuf entscheidet, hat später viele Möglichkeiten. Der Weg dahin allerdings ist kein leichter und führt über ein intensives Medizinstudium.

Neurologin oder Orthopädin? Dermatologe oder Anästhesist? Rechtsmedizin oder Radiologie? Ganz gleich, welche Fachrichtung es wird, nach dem Abitur oder einer fachnahen Berufsausbildung steht für viele der Berufswunsch fest: Als Ärztin oder Arzt zu arbeiten ist ein gefragter und angesehener Beruf mit vielseitigen Perspektiven.

Gut 50.000 BewerberInnen gab es allein im Wintersemester 2020/21 für einen von rund 9.600 Medizinstudienplätzen in Deutschland. Damit gehört das Medizinstudium zu den begehrtesten Studiengängen hierzulande – und zu den langwierigsten. Vom Kampf um einen Studienplatz bis zur Approbation erwartet angehende Medizinerinnen und Mediziner eine lernintensive Zeit.

Ein Stethoskop und ein rotes Herz liegen auf einem Tisch.

Arzt werden zu wollen ist eine Berufung.

Vor dem Studium: Persönliche Voraussetzungen prüfen

Wer als Ärztin oder Arzt arbeiten möchte, geht meist einer Berufung nach. Dennoch ist es sinnvoll, vor dem Bewerbungsverfahren noch einmal zu prüfen, ob die persönlichen Voraussetzungen für diesen Beruf gegeben sind. Für ein erfolgreiches Medizinstudium müssen Studierende ein gutes naturwissenschaftliches Verständnis besitzen. Sehr gute Englisch-Kenntnisse sind wichtig, um englische Fachliteratur zu lesen.

Wer den Arztberuf ausüben möchte, sollte zudem belastbar sein, über ein hohes Einfühlungsvermögen und gute Menschenkenntnis verfügen. Das Latinum ist heutzutage nicht mehr erforderlich, allerdings sind Lateinkenntnisse beim Lernen von Fachvokabular von Vorteil.

Der Weg zum Medizinstudium: Wie erhalte ich einen Studienplatz?

Der Andrang auf einen Studienplatz der Humanmedizin ist groß – fünfmal größer als es tatsächlich Studienplätze in Deutschland gibt. Aus diesem Grund werden die Studienplätze in einem zentralen Vergabeverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung vergeben. Das heißt: Studieninteressierte bewerben sich nicht direkt an einer Universität, sondern nehmen am zentralen Vergabeverfahren der Stiftung teil, wobei der Studienwunschort angegeben werden kann. Die Bewerbung erfolgt durch eine Online-Registrierung. Die Auswahl der Studierenden richtet sich dann nach bestimmten Zulassungsquoten.

Junge Frau mit geschlossenen Augen und gefalteten Händen.

In Deutschland ist es selbst mit einem sehr guten Abitur schwer, einen Studienplatz für Medizin zu bekommen.

Das Auswahlverfahren: Wer erhält einen Studienplatz?

  1. 1.
    Auswahl NC: Ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Vergabe ist der sogenannte Numerus Clausus (NC). Das ist der Notendurchschnitt, den BewerberInnen im Abitur erreicht haben müssen, um Medizin zu studieren. Dieser liegt in der Regel bei 1,0 oder 1,1. Insgesamt werden 30 Prozent der Studienplätze nach Abiturnote vergeben. Die Rangfolge der Vergabe basiert auf der Note, geleisteten Diensten und Losverfahren.
  2. 2.
    Auswahl nach Eignungsquote: Wer kein gutes Abitur hat, kann auf die zusätzliche Eignungsquote hoffen. Über sie werden zehn Prozent der Plätze vergeben. Diese Quote stellt andere Werte als reine Schulnoten in den Mittelpunkt, die in der Regel durch einen Eignungstest und ein Bewerbergespräch ermittelt werden. Auch eine abgeschlossene Berufsausbildung und andere Vorkenntnisse werden berücksichtigt.
  3. 3.
    Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH): Die übrigen 60 Prozent werden über eigene Auswahlverfahren der Hochschulen vergeben. Die Vergabe dieser Plätze wird ebenfalls zentral von der Stiftung für Hochschulzulassung anhand der Auswahlkriterien der medizinischen Fakultäten gesteuert. Dazu zählen ebenfalls ein Eignungstest, Berufserfahrungen oder eine abgeschlossene Ausbildung.

TIPP: Die allgemeine Hochschulreife ist nicht der einzige Weg ins Medizinstudium. Die Bundesländer können auch andere Hochschulzugangsberechtigungen erlauben, wie etwa eine bestimmte berufliche Qualifikation. Das heißt: Auch ohne Abitur ist ein Medizinstudium möglich.

Junger Medizinstudent sitzt am Schreibtisch und lernt.

Das Medizinstudium zählt zu den schwersten Studiengängen überhaupt.

Top 10: Die besten Universitäten für ein Medizinstudium

Aktuell bieten mehr als 30 staatliche und vier private Universitäten in Deutschland ein Studium der Humanmedizin an. Zu den wohl bekanntesten Universitäten gehören die Berliner Humboldt-Universität, die Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg sowie die Hochschulen in Tübingen, Göttingen und Greifswald. Die mit Abstand meisten Studienplätze vergibt die Münchener Universität.

Im jährlichen CHE Hochschulranking, das nach den Kriterien „Studierende insgesamt“, „Allgemeine Studiensituation“, „Unterstützung zum Studienanfang“, „Studienorganisation“ und „Veröffentlichung pro Professor“ staatliche und private Universitäten je Fachrichtung vergleicht, landeten zuletzt folgende Unis unter den Top 10:

  1. 1.
    Heidelberg
  2. 2.
    RWTH Aachen
  3. 3.
    Med. Fakultät Mannheim (Fakultät der Uni Heidelberg)
  4. 4.
    Lübeck
  5. 5.
    Tübingen
  6. 6.
    Uni Witten/Herdecke
  7. 7.
    TU München
  8. 8.
    Göttingen
  9. 9.
    Münster
  10. 10.
    LMU München
Junge Medizinstudentin sitzt im Labor und schreibt etwas in ein Buch.

Die Regelstudienzeit eines Medeizinstudiums beträgt zwölf Semester.

Jetzt geht’s los – Aufbau und Ablauf des Medizinstudiums

Die Aufnahmeprüfung ist geschafft, die Zulassung zum Medizinstudium liegt vor – es kann losgehen. Studierende erwartet nun ein intensives Studium mit einer Regelstudienzeit von zwölf Semestern. Laut ärztlicher Approbationsordnung sind es inklusive Prüfungsdauer sechs Jahre und drei Monate. Zu den festen Bestandteilen der Arztausbildung gehören ein vorklinischer Teil, ein klinischer Teil und das Praxisjahr.

Vorklinischer Teil:

Dieser Teil bildet das Grundstudium und dauert zwei Jahre. Hier lernen die Studierenden viel Theorie aus diversen naturwissenschaftlichen Bereichen wie Chemie, Biologie, Physik, Biochemie, Molekularbiologie, Anatomie, Physiologie sowie medizinische Psychologie und Soziologie.

Bis zur Anmeldung für den ersten Abschnitt zur ärztlichen Prüfung müssen die Studierenden außerdem einen dreimonatigen Krankenpflegedienst absolviert haben. Dieser kann in der unterrichtsfreien Zeit oder schon vor Beginn des Studiums stattfinden. Auch der Nachweis für eine Ausbildung in Erster Hilfe ist für die Anmeldung zur Prüfung notwendig. Das Grundstudium schließt mit dem Physikum ab, welches aus einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung besteht.

Klinischer Teil:

Ist das Physikum erfolgreich bestanden, folgt über drei Jahre der klinische Teil. Der Lernstoff in diesem Teil umfasst eine Vielzahl von Krankheitsbildern und deren Heilung. Im Laufe dieser drei Jahre müssen viele Leistungsnachweise aus den Fachgebieten der Medizin erbracht werden. Zum Beispiel aus der Augenheilkunde, Anästhesie, Chirurgie, Frauenheilkunde oder Dermatologie.

Weitere Leistungsnachweise sind in Querschnittsbereichen wie Ethik, Medizingeschichte oder Notfall- und Palliativmedizin nötig. Am Ende des klinischen Teils findet eine anspruchsvolle und umfangreiche schriftliche Prüfung statt, in der hauptsächlich Fallbeispiele abgefragt werden.

Medizinisches Personal auf einem Krankenhausflur.

Im Rahmen des Studiums sammeln die Studierenden viel praktische Erfahrung.

Famulatur:

Zum klinischen Teil des Medizinstudiums gehört auch ein viermonatiges Praktikum – die sogenannte Famulatur. Diese muss in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführt werden, also in den Ferien oder in einem Urlaubssemester, kann jedoch gesplittet werden. Meist sind vier Teile erlaubt, in manchen Bundesländern sogar noch mehr.

Für die ersten beiden Blöcke von je 30 Tagen müssen die Studierenden in einer stationären Einrichtung wie einem Krankenhaus oder einer Reha-Klinik arbeiten. Der dritte Teil ist in der ambulanten Versorgung, etwa in einer Arztpraxis oder einer Notaufnahme zu absolvieren. Der vierte Block muss in der hausärztlichen Versorgung stattfinden.  

Das Praxisjahr:

Im Anschluss an den zweiten Teil des Examens folgt das praktische Jahr, das laut Approbationsordnung 48 Wochen dauert und in drei Teile zu je 16 Wochen gegliedert ist. Für alle Studierenden Pflicht sind die beiden Fachbereiche Innere Medizin und Chirurgie. Der Fachbereich im dritten Teil ist frei wählbar (außer Innere Medizin und Chirurgie).

Am Ende des Praktischen Jahres steht eine mündliche und praktische Prüfung. Wer diese besteht, erhält das Staatsexamen und kann die Approbation (Zulassung für den Arztberuf) beantragen. Wer möchte und die Kraft dazu hat, kann während des Studiums auch schon seine Promotion schreiben.

Drei Chirurgen, Chirurginnen bei der Arbeit im OP.

Die Chirurgie zählt zu den Pflichtfächern im Medizinstudium.

Welche Fachrichtung ist die richtige? – Spezialisierung im Studium

Augenheilkunde? Orthopädie? Chirurgie? Oder doch lieber mit einer Hausarztpraxis niederlassen? Der Arztberuf ist enorm vielfältig. Zurecht fragen sich viele Studierende, ab wann eine Spezialisierung sinnvoll ist. Tatsächlich hat diese Entscheidung jedoch Zeit, bis das Medizinstudium abgeschlossen ist. Das heißt: bis zur Facharztausbildung.

Wer bereits vorher sicher weiß, welche Fachrichtung es werden soll, kann auch schon während des Studiums entsprechende Weichen stellen – zum Beispiel durch die Wahl im Praxisjahr sowie durch andere Praktika. Das Gleiche gilt für die Famulatur.

Finanzierung: Was kostet ein Medizinstudium?

An einer staatlichen Universität ist das Studium der Humanmedizin in der Regel kostenfrei. Anders an privaten Hochschulen oder im Ausland: Hier können hohe Gebühren anfallen.

Doch auch wer hierzulande an einer öffentlichen Universität studiert, muss Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Lehrmaterialien einkalkulieren. Übersteigen diese Ausgaben die eigenen Mittel, können Studierende BAföG oder einen Studienkredit beantragen. Auch ein Stipendium kann eine Möglichkeit zur Finanzierung des Medizinstudiums sein.

Tipp: Wer neben dem Studium arbeiten muss oder möchte, kann sich für einen Job an der Universität bewerben und gleichzeitig Praxiserfahrung sammeln.

Kein Studienplatz erhalten? Medizin studieren im Ausland

Viele Studienanwärter entscheiden sich inzwischen für ein Medizinstudium im Ausland, da es in Deutschland deutlich mehr BewerberInnen als Studienplätze gibt. Ein Auslandsstudium hat viele Vorteile, allerdings ist mit hohen Studiengebühren zu rechnen. Diese variieren in den innereuropäischen Ländern stark und es lohnt sich, vorher genaue Informationen zu den verschiedenen Studienorten einzuholen. Die Anerkennung des Studiums ist innerhalb der EU meist problemlos möglich.

Bildquelle (von oben nach unten): iStock.com/wavebreakmedia, iStock.com/Kalanchoe, iStock.com/dragana991, iStock.com/fotokostic, iStock.com/gpointstudio, iStock.com/Dutko

Autor

Sabine Stahl

Die erfahrene Journalistin und Medizin-Redakteurin arbeitet seit 2021 in der doctari-Redaktion und beschäftigt sich am liebsten mit Ratgeber- und Statistikthemen.

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